Funktionalität und Storytelling müssen keine Widersprüche sein: Wiebke Lang sprach für ERCO mit Koichi Takada, dem Innenarchitekten und Lichtplaner der Museumsshops und -restaurants im neuen Nationalmuseum Katar.
Herr Takada, Sie haben die Planung des Interior und Lighting Designs der Retail- und Gastronomiebereiche im Nationalmuseum Katar erstellt: Zwei Cafés und ein Restaurant, eine Mitgliederlounge, eine Kinderbuchhandlung und einen Museumsshop. Welche Bedeutung haben diese Bereiche für eine Kulturinstitution?
Die Shops und Restaurants fungieren als Tor zum Museum, unabhängig davon, ob man sie vor oder nach dem Museumsbesuch aufsucht. Sie machen aus dem Museumsbesuch ein ganzheitliches Erlebnis. Die Innenräume sollen, genau wie das Äußere, die Kulturgeschichte der Region widerspiegeln. Wir verglichen das Museum mit einem historischen Bauwerk wie den ägyptischen Pyramiden, die über die physische Erfahrung hinaus auch emotional auf die Besucher wirken.
Analog zum architektonischen Konzept von Jean Nouvel, sind auch Ihre Entwürfe eine Verkörperung der Geschichte Katars, von den Anfängen des Handels, der nomadischen Lebensweise und der Natur. Bitte beschreiben Sie Ihr Konzept für das Interior und Lighting Design des Retail-Bereichs.
Die Entwürfe entstanden durch die vielen Gespräche, die wir im Laufe des Projekts mit den Katarern vor Ort geführt haben. Uns ging es darum, Geschichten in ein visuelles, unvergessliches Erlebnis für die Besucher zu transformieren. Wir haben für die Shops organisch geschwungene Wände und Decken gestaltet. Sie beziehen sich, wie auch die Lichtwirkung, auf die mondlichtartig glimmenden Wände von „Dahl Al Misfir“, der heiligen „Höhle des Lichts“ in der Wüste Katars. Wie der Name suggeriert, wirkt das Licht in dieser Höhle geheimnisvoll – ein Effekt, den wir mit den Lichtwerkzeugen von ERCO noch verstärken.
Wie unterscheiden sich die Anforderungen an ein benutzerfreundliches Lighting Design im Retail- und im Gastronomie-Bereich?
Die Unterschiede beziehen sich auf funktionale Aspekte. So schaffen die Leuchten im Museumsshop zum einen den „Wow-Faktor“ im Interior Design und präsentieren zum anderen die Ware in den Regalen mit blendfreiem Licht. Wir haben im Raum eine Grenze gezogen: Oberhalb geht es um die Inszenierung, unterhalb um die Funktion. Zuerst wird das Auge des Besuchers auf die Dramatik gezogen, und sobald er sich im Raum wohl fühlt, kann er zur Warenpräsentation zurückkehren. Ähnlich im Restaurant, wo von der Decke hängende, funkelnde „Fischernetze“ für den Effekt sorgen - und ein weiches Licht für die optimale Beleuchtung der Speisen und Personen.
Welche technischen Anforderungen mussten die Lichtwerkzeuge erfüllen?
Wir achten darauf, es mit der smarten, mit Funktionen überladenen Technologie von heute nicht zu übertreiben. Ein wesentliches Werkzeug ist das Dimmen - sehr zuverlässig, wenn es darum geht, ein perfektes Ambiente zu gestalten. Bei der Farbtemperatur sind wir penibel: Die Wahl eines warmen oder eines kühlen Ambientes kann die Art und Weise, wie Menschen einen Raum wahrnehmen, schnell verändern. Energieeffizienz und geringe Wärmeentwicklung sind ebenfalls wichtig, da wir „grüne“ Lichtlösungen entwickeln und unterstützen.
Worin bestanden die größten Herausforderungen bei der Entwicklung des Beleuchtungskonzeptes?
In der Komplexität des Museumsentwurfs. Als wir die Zeichnungen zum ersten Mal in den Händen hielten, war es unmöglich, den Raum in zwei Dimensionen zu verstehen. Es gibt keine geraden Linien – nur geschwungene, die sehr komplexe Räume bilden. Wir arbeiteten fast wie mit verbundenen Augen, ohne eine physische Raumerfahrung. Für das Beleuchtungskonzept konnten wir keine konventionellen Verfahren anwenden: Selbst die Decken waren so stark gewölbt und gekippt, dass eine klassische Downlightbeleuchtung nicht funktionierte. Stattdessen entwickelten wir ein Lichtkonzept mit Akzentlicht, indirekter und diffuser Beleuchtung, das wir in unser Interior Design integrierten, etwa in die von Felsschluchten und der Wüstenrose inspirierten Sitzmöbel oder die Kristallperlen-Installation an der Decke.
Das Nationalmuseum Katar ist eine Kulturmarke mit großer Bedeutung für die Region. Wie unterstützt Ihr Lichtkonzept die Marke?
Als emotionales Gestaltungsmittel, das Design zum Leben erweckt, wertet Licht Marken auf. Der überwiegende Teil des Museums ist relativ dunkel - aber wir verwenden akzentuierende Spots, um Dramatik und Intensität in die Retail- und Gastronomiebereiche zu bringen. Zum Beispiel der Museumsshop: Seine Innenarchitektur wirkt fluide, sehr organisch. Während der Bauarbeiten war er von vielen Baustellenflutern beleuchtet, aber stockfinster, sobald diese ausgeschaltet waren. Der Moment, als wir die neuen ERCO Lichtwerkzeuge einschalteten, entstand ein Moment voller Magie, Dramatik und Kontrast. Die Beleuchtung sollte die Aufmerksamkeit auf die Dramaturgie dieser Innenräume lenken, ohne mit Jean Nouvels Architektur zu konkurrieren. Also planten wir die Anstrahlung der Decken, um die Struktur des Gebäudes zu betonen. Das Desert Rose Café hat eine sehr schwere, niedrige Betondecke. Keine optimalen Voraussetzungen für ein angenehmes Raumgefühl. Mit horizontaler Beleuchtung der Bodenfläche nutzen wir die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit von dieser Schwere abzulenken. Licht kann eine Marke hervorheben, architektonische Herausforderungen neutralisieren, die Aufmerksamkeit genau dorthin richten, wo sie gewünscht ist.