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Wahrnehmungsorientierte Lichtplanung

Wahrnehmungsorientierte Lichtplanung

Die wahrnehmungsorientierte Lichtplanung in den 1960iger Jahren betrachtete den Menschen mit seinen Bedürfnissen als aktiven Faktor in der Wahrnehmung und nicht mehr bloß als Empfänger einer visuellen Umgebung. Der Planer analysierte, welchen Stellenwert einzelne Bereiche und Funktionen haben. Auf der Grundlage dieses Bedeutungsmusters war es möglich, die Beleuchtung als dritten Faktor zu planen und angemessen zu gestalten. Dies erforderte qualitative Kriterien und ein entsprechendes Vokabular. Damit ließen sich sowohl die Anforderungen an eine Beleuchtungsanlage beschreiben als auch die Funktionen des Lichts.

Richard Kelly

Wahrnehmungsorientierte Lichtplanung

Richard Kelly (1910-1977) war ein Pionier der qualitativen Lichtplanung, der die vorhandenen Anregungen aus Wahrnehmungspsychologie und Bühnenbeleuchtung zu einem einheitlichen Konzept zusammenfasste. Kelly löste sich von der Vorgabe einer einheitlichen Beleuchtungsstärke als Zentralkriterium der Lichtplanung. Er ersetzte die Frage nach der Lichtquantität durch die Frage nach einzelnen Qualitäten des Lichts, nach einer Reihe von Funktionen der Beleuchtung, die auf den wahrnehmenden Betrachter ausgerichtet waren. Kelly unterschied hierbei in den 1950iger Jahren drei Grundfunktionen: ambient luminescence (Licht zum Sehen), focal glow (Licht zum Hinsehen) und play of brilliants (Licht zum Ansehen).

Glass House

Wahrnehmungsorientierte Lichtplanung

The Glass House (Philip Johnson, 1949) | © Steve Brosnahan

Kelly entwickelte am Glass House Grundprinzipien der Innen- und Außenraumbeleuchtung, die er in zahlreichen Wohn- und Geschäftsgebäuden später anwandte. Für das Sonnenlicht vermied Kelly Jalousien, weil sie für ihn die Aussicht störten und das weite Raumgefühl beeinträchtigten. Den harten Helligkeitskontrast am Tag von Innen und Außen reduzierte er mit gedimmter Beleuchtung der Innenwände. Für die Nacht entwickelte er ein Konzept, das die Spiegelung der Glasfassade berücksichtigte und das Raumgefühl beibehielt. Kelly empfahl für den Innenraum Kerzen, um Glanz und eine anregende Atmosphäre zu erzeugen. Im Außenraum ermöglichten mehrere Beleuchtungskomponenten den Ausblick aus dem Wohnraum und erzeugten Raumtiefe: Scheinwerfer auf dem Dach beleuchteten den Rasen vor dem Gebäude und Bäume am Haus. Weitere Scheinwerfer betonten Bäume im Mittelgrund und im Hintergrund, um die Landschaftskulisse sichtbar zu machen.

New York State Theater

Für das New York State Theater untersuchte Kelly kristalline Strukturen, um den Kronleuchter im Zuschauerraum sowie die Beleuchtung der Balkonbrüstungen im Foyer zu entwickeln. Im Zuschauerraum setzte sich der Kronleuchter mit einem Durchmesser von etwa drei Metern aus einer Vielzahl von kleineren "Lichtdiamanten" zusammen. Im Foyer sollten die Leuchten an der Brüstung wie Juwelen einer Krone wirken und die Erhabenheit des Raumes unterstreichen. Die zur Vorderseite abgeschirmten Lichtquellen erzeugten im Inneren durch die facettenreiche Struktur starke Reflexe. Dadurch entstanden Brillanzeffekte vergleichbar dem Funkeln von Edelsteinen. Kelly konzipierte zudem die Beleuchtung der anderen Bereiche des Lincoln Center mit Ausnahme des Innenraums des Metropolitan Opera House.

Seagram Building

Die Vision für das Seagram Building war ein aus der Ferne erkennbarer Turm aus Licht. In Zusammenarbeit mit Mies van der Rohe und Philip Johnson erreichte Kelly dies, indem er das Gebäude von innen heraus leuchten ließ - mit Lichtdecken in den Büroetagen. Eine zweistufige Lichtschaltung für die Leuchtstofflampen ermöglichte dabei, in der Nacht Energie einzusparen. Der illuminierte Sockelbereich ließ den Eindruck entstehen, dass das Hochhaus über der Straße schwebt. Die gleichmäßige vertikale Beleuchtung des Gebäudekerns mit Deckeneinbauleuchten gewährte am Abend einen beeindruckenden Blick in das Gebäude. Ein Teppich aus Licht setzte sich vom Innenraum auf den Vorplatz fort. Um am Tage eine Einheitlichkeit des Sonnenschutzes auf der Fassade zu erzielen, waren die Jalousien an den Fenstern nur in drei Positionen einstellbar - offen, geschlossen und halb offen.

Yale Center For British Art

Louis Kahn entwickelte mit Kelly für die Beleuchtung im Yale Center for British Art ein System aus Oberlichtern. Das Anliegen des Museums war, eine ausschließliche Beleuchtung der Bilder durch Tageslicht für sonnige und bewölkte Tage zu erreichen. Nur bei geringem Tageslicht sollte eine Kombination mit künstlicher Beleuchtung erfolgen. Die Lichtkuppeln mit der fest montierten Lamellenkonstruktion auf der Oberseite ließen diffuses Nordlicht in das Gebäude hinein und vermieden direkten Lichteinfall von hohen Sonnenstände auf Wände oder Boden. Die Oberlichter bestanden aus der oberen Plexiglaskuppel mit UV-Schutz und einer Sandwichkonstruktion aus einer transluzenten Kunststoffplatte zum Staubschutz, einem hochglänzenden Lichtdiffusor und einer zweischichtigen Acryl-Prismenlinse auf der Unterseite. Stromschienen an der Unterseite der Lichtkuppeln trugen Wandfluter und Strahler. Modellbau im Maßstab 1:1 und Computerberechnungen begleiteten den Entwurfsprozess.

Kimbell Art Museum

Die geschickte Nutzung des natürlichen Lichts im Kimbell Art Museum basierte auf der Zusammenarbeit von Louis Kahn mit Richard Kelly. Kahn entwarf eine Reihe von Nord-Süd ausgerichteten Galerien mit Gewölbedecken, die mittig eine Lichtfuge aufwiesen. Kelly plante das Lichtlenksystem mit der gewölbten Aluminiumplatte. Durch die Perforation drang Tageslicht, um den Kontrast zwischen Reflektor und dem vom Tageslicht beleuchteten Betongewölbe zu mildern. Der Mittelteil der Aluminiumschale wurde nicht perforiert, um direktes Tageslicht auszuschließen. In Bereichen ohne Anforderungen an UV-Schutz, wie dem Eingang oder Restaurant, kam ein vollständig perforierter Reflektor zur Anwendung. Zur Berechnung der Reflektorkontur und der zu erwartenden Lichteigenschaften kamen bereits Computerprogramme zum Einsatz. Auf der Unterseite des Tageslichtlenksystems wurden Stromschienen und Strahler integriert. Für die Innenhöfe schlug Kelly Pflanzen vor, um das harte Tageslicht für die Innenräume zu mildern.

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